Brockhampton – Saturation // Review

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(Brockhampton / EMPIRE)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Was soll schon dabei rumkommen, wenn zwölf visionsreiche Teenies ein gemeinsames Haus in South Central, Los Angeles, beziehen? Im schlimmsten Fall: planloses Gekiffe und Gesaufe, ein Stapel voller offener Rechnungen und ein aus allen Nähten platzender Hausmüll. Oder aber: ein Rapalbum, das mehr Gedankenfetzen miteinander verbindet, als das anarchistischste Flipchart. Das Kollektiv BROCKHAMPTON bzw. die selbsternannte All-American-Boyband, besteht aus Rappern, Produzenten, Visual Artists und Management-Leuten. Dabei wollen Kevin Abstract, Ameer Vann & Co. alles, aber nicht noch mal das ihnen aufgetischte Audio-Dinner der Vorjahre als lauwarmes Mikrowellenfutter re-servieren. Lieber wird vergrauten Zuhörern ein Brett aus Feinholz-Innovativität vor den Kopf ge­schlagen, das aufgezwängte Männlichkeitsmuster ausgezogen und in die Ecke getreten und eh erst einmal alles probiert und danach bewertet. Zuletzt genannter Ansatz macht »SATURATION« nämlich zu der Geschmackssache, die dieses Album nun mal ist. Nicht jeder mag es, auf dem Opener mit einem geshouteten »I’ll break your neck so you can watch your back« begrüßt zu werden. Nicht jeder mag es, wenn die Verse auf einem Song namens »FAKE« mit hochgepitch­ten Stimmen vorgetragen werden und sich mit Master P verglichen wird. Das wissen die Caps-Lock-Fanatiker auch. Haben aber Bock drauf und machen’s trotzdem, fertig ist die Laube, äh, die kalifornische Kommune. Und in der geht es nicht nur um die Musik dieses so abstrus-diversen Albums, sondern um das omi­nöse große Ganze. Das Zusammenspiel aus Ton, Bewegtbild und Artwork, das gerade auf Grund der Unterschiedlichkeiten der einzelnen Charaktere eine wirre, aber unmissverständ­liche Grundeinstellung entwickelt. Andere Perspektiven einnehmen. Machen, was gerade am wenigstens angebracht wäre. Klingt verdächtig nach Jung-Revoluzzer-Denken? Nur dass das eben selten so anspruchsvoll festgehalten wurde, visuell und auf Albumlänge. Selten war juveniler Weltschmerz so angenehm authentisch wie hier.

Text: Louis Richter

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