Brenk Sinatra & Morlockk Dilemma – Hexenkessel 1 & 2 // Review

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(Mofo Airlines)

Wertung: Vier Kronen

»Folge mir in die Endlosschleife von Bierlokalen/Wir schreiben in einer Kellerkneipe nen Schmierroman«, brunftet der eiserne Besen in urtypischer Stakkato-Delivery schon auf »Geiselhaft«, dem bedrohlichen Opener seiner Kollabo-Doppel-EP »Hexenkessel« mit der Producer-Allzweckwaffe Brenk Sinatra. Programmatischer hätte man die Einleitung zu diesem ungeschliffenen Rap-Groschenroman nicht formulieren können. In einem inhaltlich losen Konzeptüberbau inszenieren Brenk und Dilemma einen Zwiegespann-Spaziergang durch den Soul samplenden Sündenpfuhl einer fiktiven Großstadt – ein Setting, das den zerti­fizierten Saufbolden keine extreme Neuausrichtung abverlangt. Gerade Dilemmas Vorliebe für grenzwertiges Kopfschauspiel und absurde Storytelling-Versätze findet auf dem minimalistischen Crate-Diggin-Funk von Sinatra wieder jene zwingende Entfaltungskraft, die zwar nie verschwand, doch auf den Mixtapes und Kollabo-Projekten der letzten Jahre zunehmend kleineren Kompromisslösungen weichen musste. »Hexenkessel« ist hundert Prozent Dilemma-Rap – mal in Gestalt eines kauderwelschenden Sozialbau-Gauners (»Hochhausrotwelsch«), als sexgesteuerter Eckkneipen-Haudrauf (»Eisbein und Grasovska«) oder als alkoholi­sierter Halbstarker (»Cognac«) – technisch versiert, schwarz-humoristisch und mit bildhafter Präzision. Allein im hinteren Drittel nutzt sich der Audio88-, Yassin-, MC Bomber-, Karate Andi- und Hiob-featurende Groschen­roman in seiner Überlänge von 22 Anspielpunkten etwas ab, was ähnlichen Vortragsweisen und Songstrukturen geschuldet ist – das kann Brenks detaillierte Instrumentalkulisse aus Paul-Kuhn-Zitaten, Film-Noir-Referenzen und meuchlerischen Rhythm-n-Blues-Samples nicht immer ganz auffangen. Die Achse Wien/Berlin hat mit »Hexenkessel EP 1+2« überzeu­genden Kaschemmen-Rap vorgelegt, der in seinem schmuddeligen Pulp-­Fiction-Charme glatt ein aufwendig dekorierter Throwback-­Blockbuster geworden wäre, hätte man nur den dramaturgischen Aufbau nicht ganz so eindimensional ausformuliert.

Text: Fionn Birr

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