Beginner: »Standard war nie unser Ziel, sondern stets der Next-Level-Shit.« // Titelstory

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Die Hamburg City Blues Brother neu vereint

Die Erwartungshaltung ans Album ist riesig. Wie seid ihr damit umgegangen?
DJ Mad: Dennis und ich haben jedes Wochenende beim gemeinsamen Auflegen als Beginner Soundsystem am eigenen Leib erfahren, was die Beginner da draußen noch wert sind. Es verging kein Abend, an dem uns nicht irgendjemand mit Tränen in den Augen vollgelabert hat, dass wir seine Jugend verändert hätten; und dass »Bambule« nach wie vor seine Lieblingsplatte sei. Und dann natürlich die Frage: Wann kommt endlich das neue Album?
Denyo: Es gibt keine Frage, die ich in den letzten 13 Jahren häufiger gehört habe als diese.
DJ Mad: Dass das für die Leute nach 13 Jahren immer noch so eine Bedeutung hat, ist schon Wahnsinn. Unsere dritte Youtube-»Ansage« mit der Albumankündigung hatte nach einer Stunde mehr als 500.000 Klicks –während eines Europa-League-Spiels! Da haben wir gemerkt, dass der Hype noch um einiges größer ist als wir dachten.

 
Beim Durchhören der Platte entsteht der Eindruck, ihr hättet die musikalischen Facetten eurer Soloprojekte auch im neuen Album unterzubringen versucht. War das so?
Eizi Eiz: Eigentlich ist es andersrum: Unsere Solosachen spiegeln das wider, was die Beginner schon immer ausgemacht hat: musikalische Offenheit in alle Richtungen.
DJ Mad: »Advanced Chemistry« ist quasi die gelungene Umsetzung unseres ersten Albums »Flashnizm« – das war ja auch schon ein Kessel Buntes, aber eben noch sehr unreif.

Dieser Vielseitigkeit seid ihr euch stets treu geblieben. Wie ist es euch gelungen, diese Vielseitigkeit auf »Advanced Chemistry« nun reifer klingen zu lassen?
Eizi Eiz: Probieren, studieren, reflektieren.
DJ Mad: Trial and error.
Denyo: Und am Ende des Tages halten die Lyrics und die Stimmen alles zusammen – neben der Tatsache, dass die Beats killer sind.
Eizi Eiz: Wir kommen aber noch aus einer Zeit, in der Vielseitigkeit ein gutes HipHop-Album ausgemacht hat. Da gab’s immer einen Reggae-Tune, einen Posse-Track, einen Song für die Ladies und einen für die Party. Heutzutage sind auf vielen Platten 48 Tracks plus noch mal 97 in der Deluxe-Box, bei denen ohne jede Wertigkeit durchgängig derselbe Scheiß rausgehauen wird. Das ist langweilig.
Denyo: Als Rapper hast du zwei Möglichkeiten: Entweder du gehst über die Qualität oder die Quantität. Qualität abzuliefern ist aber schwieriger, daher gehen die meisten Leute über Quantität.

So wie ihr.
Eizi Eiz: Ja, genau. (grinst)
DJ Mad: Aber auch diese Entwicklung ist der heutigen Zeit geschuldet. Die Arroganz, 13 Jahre lang kein Album zu machen, können sich nur solche Oldschool-Vögel wie wir leisten, weil wir aus einer anderen Zeit kommen und eine andere Reputation haben. Ansonsten musst du die Welt erst mal Kaytranada-mäßig fünf Jahre lang umsonst mit krassen Remixen vollblähen, damit überhaupt jemand checkt, wie geil du bist.
Eizi Eiz: In unserem Album steckt aber auch viel mehr Zeit, Energie und Geld als in den meisten anderen Alben.
DJ Mad: In unserem Album steckt die reine Essenz. Wenn derjenige mit den 48 Tracks sein Schaffen auf zehn Songs eingedampft hätte, wäre sein Album vermutlich auch viel geiler geworden. Deswegen stellen wir uns jedes Mal die Existenzfrage: Warum sind wir der Meinung, dass wir dieses vollkommen übersättigte Genre noch mit unserem Scheiß penetrieren müssen? Der Grund kann nur sein, dass wir ein Album am Start haben, das besser, unerwarteter, toller und geiler ist als das aller anderen.

Ihr habt den Ruf, sehr perfektionistisch zu sein. Das ist offenbar immer noch so.
Denyo: Deshalb haben wir ja auch unser Team vergrößert: um unserem Perfektionismus schneller gerecht zu werden. Jede Sekunde auf diesem Album ist durchgestylet. Früher habe ich auch mal eine Strophe rausgeschissen – muss heute aber eben auch mit dem Ergebnis leben. Auf dem neuen Album sitzt – wie bei meinem letzten Soloalbum auch, nur in noch ausgecheckter – jede Zeile, jeder Reim, sodass ich auch in zwanzig Jahren noch sagen kann: Das ist der Shit.
Eizi Eiz: Aber der Perfektionismus führt auch manchmal dazu, dass man ein bisschen zu verkopft und unlocker ist.
Denyo: Ein bisschen was Hingeschissenes muss daher bleiben, sonst ist es nicht mehr HipHop.

Es klopft. Vor der Studiotür steht D-Flame – alter Rap-Kollege, ehemaliges Eimsbush-Signing und langjähriger Freund der Band – und bittet um Einlass. Man munkelt, auch die Frankfurter Flamme würde in seiner Wahlheimat Hamburg derzeit an einem neuen Album arbeiten. Und nicht nur seine Präsenz im Studio, auch sein jüngstes Facebook-Statement »Papa ist zurück!« stützt das Gerücht. Sein letztes Album »Stress« liegt immerhin auch schon wieder acht Jahre zurück – lassen wir uns also überraschen. Jan jedenfalls erhebt sich, um ihm aufzumachen.

Denyo: (flüstert) Das, was Jan gesagt hat, ist natürlich alles Quatsch. Es ist ganz anders gewesen.
DJ Mad: Der ist ein krasser Diktator. James Brown ist ein Witz gegen den!
Denyo: Aber schreib das bloß nicht! Oder bloß kleingedruckt und in Blindenschrift.
Jan kommt zurück.

Im Album-Opener »Ahnma« featuret ihr Gzuz. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Eizi Eiz: Wir sind alle Rapfans. Und wenn so etwas in Hamburg passiert, haben wir das natürlich früh auf dem Schirm. Die 187 Throwups kannte ich alle. Kennengelernt habe ich Gzuz aber wegen Laas Unltd. (grinst)

 
Weil Laas 2008 auf dem »Der Beweis«-Remix von Savas meinte, Rap aus Hamburg läge am Boden wie Möwenscheiße, und die 187er mit dem Song »UNLTD« dann das Gegenteil bewiesen haben.
Eizi Eiz: Genau! Gzuz und seine Gang haben Laas’ Zeile da komplett zerrissen. Das war der Beginn von 187. Laas Unltd. ist also der Begründer der 187 Strassenbande. (Gelächter)

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