6LACK: »Ich habe gelernt, nicht zu jammern und einfach weiterzumachen.« // Interview

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Mit seinem düsterem R’n’B-Geschwader in Form des kostenlosen »FREE 6LACK«-Albums katapultierte sich 6LACK jüngst zu einem der größten aktuellen US-Hypes. Dass er seine Karriere mit Battlerap auf dem Schulhof begann, weiß kaum einer über den ATLien. Grund genug, mit ihm vor seinem Berlin-Debüt im ausverkauften SO36 über seine Entwicklung vom spittenden Zone-6-Kid zur Major-Label-Hoffnung zu sprechen.

Du hast schon in der Middle School mit Battlerap angefangen. Wenn man sich Handyvideos von damals anschaut, fällt auf, dass du deutlich selbstsicherer als heute aufgetreten bist. Wie kam das?
Ich bin von Natur aus eher introvertiert. Battlerap hat eine neue Seite von mir zum Vorschein gebracht. Dass ich eher still bin, war oft ein Hindernis in der Schule. Irgendwann habe ich eingesehen, dass ich nicht der beliebte Sportler-Typ sein muss. Ich mochte das Rappen und so entwickelte es sich zu einem Ausweg für mich, trotz meiner zurückhaltenden Art gut durch die Schulzeit zu kommen und darin aufzugehen.

Du wolltest irgendwann Musik mit »mehr Langlebigkeit« machen. Ist Battlerap automatisch das Gegenteil?
Battlerap hat mir alles beigebracht, was ich brauche, um Musik machen zu können. Es ist auch eine Kunstform, aber du kannst damit eben nur bis zu einem bestimmten Punkt kommen. Es hat Spaß gemacht, aber ich wollte lernen, wie man richtige Songs macht. Als Battlerapper kannst du zeigen, dass du rappen kannst – mehr nicht. Ich habe das genutzt, was ich vom Battlerap gelernt habe und dann angefangen, wirklich Musik zu machen.

Also war der Wandel zum R’n’B eine bewusste Entscheidung?
Definitiv. Die Karrieren meiner Lieblingsbattlerapper sind meistens sehr vorhersehbar abgelaufen. Ich wollte nicht, dass es mir auch so ergeht. Ich wollte weitermachen, besser werden. In Atlanta bist du ständig von Trap-inspirierten Lyrics und Beats umgeben. Auch wenn meine Texte komplett anders sind, hat das natürlich großen Einfluss auf meine Musik. Meine Wurzeln liegen im HipHop. 

Welche Rolle spielt die Zone 6 dabei? Neben dir sind unter anderem Childish Gambino, Gucci Mane und Future dort aufgewachsen.
In diesem Umfeld großzuwerden gibt dir Selbstsicherheit. Du siehst all diese Künstler, die aus deiner Gegend kommen und großartige Sachen machen. Das motiviert einen noch mal zusätzlich. Man will einfach der nächste sein, der es schafft. Außerdem passiert in Zone 6 so viel, dass man ständig neue Themen hat, über die man schreiben kann. 

Welche ist denn die wichtigste Regel »that [you] learned growing up in Zone 6« [Textzeile aus »Rules«]?
Das ist breit gefächert. Es ist nicht leicht, dort aufzuwachsen. Irgendwann war ich davon frustriert, bestimmte Dinge aus finanziellen Gründen nicht besitzen zu können. Ich habe Freunde verloren. Sich deshalb nur zu beschweren, wäre aber falsch. Es bringt dich nicht weiter, sondern verlängert nur den Schmerz und den Stress, einfach alles Negative. Ich habe gelernt, nicht zu jammern und einfach weiterzumachen.

2011 hast du deinen ersten Labeldeal unterzeichnet, der sich allerdings als fünfjähriges Vertragsmartyrium herausgestellt hat. Du hast dich eingeengt gefühlt und aus Protest außer ein paar Remixes keine Musik veröffentlicht. »I take my hardest times and turn ‚em into something«, heißt es dazu auf »Rules«. War diese positive Einstellung schon immer da?
Ich wusste einfach, dass es mit der Musik funktionieren würde. Es hing nur davon ab, wie viel Arbeit ich reinstecke. Ich habe dafür sogar das College geschmissen und bin alleine nach Miami gezogen. Unterricht war einfach nichts für mich, ich bin lieber nachts über den ganzen Campus zum Musikraum gelaufen. Meine Prioritäten lagen eben woanders. Die Zeit mit dem Label war hart. Ich habe aber gelernt, diszipliniert zu arbeiten und dass alles mit der Zeit besser wird. Einfach arbeiten, unter dem Radar bleiben und alles wird so kommen, wie es kommen soll. 

»Wenn du nicht weißt, wie du an Essen kommst, fragst du dich schon, ob die Musik das wert ist.«

Du würdest die Zeit also nicht missen wollen?
Nein, ich würde alles wieder tun. Ich habe das gebraucht und schätze jeden Aspekt daran. Es hat mir die hässlichsten Seiten von so ziemlich allem gezeigt. Mich kann jetzt nichts mehr überraschen, ich bin auf alles vorbereitet. Ich kann einfach besser mit schwierigen Situationen umgehen jetzt. 

Gab es nie einen Punkt, an dem du alles hinschmeißen wolltest? 
Alles aufgeben wollte ich nie. Ich hatte definitiv meine Tiefs, habe dadurch vieles in Frage gestellt. Ich habe Freunde verloren, wusste zeitweise nicht, wo ich Geld für Essen herbekommen sollte. Irgendwann denkt man schon darüber nach, ob dieser Traum, es mit der Musik zu schaffen, das alles wert ist. Ich habe mich trotzdem immer weiter darauf konzertriert. Egal was passierte, ich wusste immer, dass es das ist, was ich in meinem Leben machen soll. 

»When I grow up, I wanna be somebody« war die erste Zeile, die du im Studio deines Vaters aufgenommen hast. Sechs Jahre alt warst du da. Hast du das für dich schon erreicht?
Ich glaube, mein sechsjähriges Ich wäre ziemlich stolz auf mich. Damals war das nur eine Zeile, ich war schließlich nur ein Kind. Aber offensichtlich war schon damals ein tieferer Sinn dahinter. Ich habe schon immer gefühlt, dass ich Inspiration und Hilfe für andere Menschen sein will. Mich um meine Geschwister zu kümmern zum Beispiel, oder dafür zu sorgen, dass es meiner Mom gut geht. Das war immer mein Ziel. Diese Zeile damals gesagt zu haben und jetzt hier zu stehen, ist krass. Es hat funktioniert. (lacht)

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Foto: Alexandrea Gavillet

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