10 Jahre Rap City Berlin

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Kaum zu glauben, aber Fakt: Es ist mittlerweile zehn Jahre her, dass wir dabei zusahen, wie MC Bogy und Atze Jope auf der Couch einer kleinen Südberliner Butze den Begriff Atze durchdeklinierten. Ebenso lange ist es her, dass Sido zur Hochphase der Aggro-Berlin-Ära Yvonne Catterfeld mit Nachdruck zum Beischlaf überreden wollte. Ja, »Rap City Berlin« wird dieser Tage zehn Jahre alt. Längst ist die Dokumentarfilm-Collage ein Klassiker für jeden, der einen Bezug zu unflätigem Rap aus der Hauptstadt Deutschlands herstellen kann. Wenn irgendwann mal einer die Geschichte des Berliner HipHop aufschreiben mag, er beginne mit »Rap City Berlin«.

Die »Rap City«-DVD ist im Nachhi­nein betrachtet nicht nur ein Karrieremeilen­stein für viele Rapper (wer würde DeinEltan, die LD Crew und einige andere kennen, wenn es diese Doku nicht gegeben hätte?), sondern auch für seine Macher: Henrik Regel, zuvor als Kick bei der Beatfabrik tätig, drehte im Anschluss die ebenso wegweisende Graffiti-Doku »Unlike You« und startet dieser Tage ein Crowd­funding zur Finanzierung seines ersten Spielfilms. Stephan von Gumpert ist heute einer der engagiertes­ten Männer in der Berliner HipHop-Szene. Unter anderem ist er ­Manager von Die Atzen, Prinz Pi, Olson, Trailerpark und ­eRRdeKa, außerdem auch eine wichtige Schnittstelle für die alte Berliner Garde – wenn man etwa mal einen Kontakt zu MC Bogy braucht. Sein kleiner Bruder Sebi wiederum gründete, nachdem er als Schüler an »Rap City Berlin« mitarbeitete, mit einer Handvoll Freunde die Videoproduktionsfirma EASYdoes­it und hat zuletzt an den Musikvideos von Haftbefehl und Miss Platnum gearbeitet. Wir trafen die Drei in einer Kreuzberger Pizzeria zum Mittagessen, um mit ihnen über Anfänge, Vergangenheit und Zukunft zu sprechen.

Die klassische erste Interview-Frage: Wie seid ihr erstmals mit HipHop in ­Kontakt gekommen?
Henrik: An amerikanischen HipHop kam ich Ende der Achtziger durch meinen älteren Bruder und die 7-Inch zu »Follow the Leader« von Eric B. & Rakim. Die nächste Platte, an die ich mich danach erinnern kann, ist Ice-Ts »Original Gangster« von 1991. 
Stephan: Ich kam über den großen Bruder von Kid Kobra zu HipHop, mit dem ich seit der ersten Klasse zur Schule gegangen bin. Durch ihn kamen wir schon im Grundschul­alter mit HipHop in Kontakt, also direkt, als das Ganze aus Amerika nach Deutschland kam. 

 
Und Sebi, wie alt warst du, als dir dein Bruder Eric B. & Rakim aufgedrückt hat?
Sebi: Stephan hat mich eher dazu gedrängt, N.W.A. zu hören, da war ich vielleicht fünf. 
Stephan: Du musstest auch immer direkt mit uns Graffiti-Skizzen malen und so.
Henrik: Wir haben damals oft bei Stephan gechillt, und der kleine Sebi kam ab und zu ins Zimmer, vermutlich, weil es da so süßlich gerochen hat. (grinst)
Sebi: Ich hab Stephan damals auch immer danach gefragt, ob etwas »cool oder scheiße« ist – so hat sich mein Musikgeschmack entwickelt. Deutscher Rap kam dann etwas später dazu, vermutlich bei uns allen dreien erst mit Savas und Taktlo$$, oder?
Henrik: Bei mir war das noch ein wenig anders. Fumanschu kam irgendwann in meine Klasse und ich verstand mich gut mit ihm – ­hatte aber keine Ahnung, dass er rappt. Als ich 17, 18 war, haben wir mal die Schule geschwänzt und bei ihm zu Hause gekifft, und er spielte mir einen Song von sich vor, auf dem auch Savas gerappt hat. Das muss ungefähr ’96, ’97 gewesen sein. Wenig später haben wir dann mit Fumanschu Vierspur-Freestylesessions gemacht, aus denen letztlich die Crew Beatfabrik mit Kid Kobra, Smexer, Prinz Porno und anderen entstand.

Eigentlich könnte man sich voll gut verstehen, aber weil man zwei Bezirke voneinander entfernt wohnt, will man den anderen erst mal ficken.

Bei Beatfabrik habt ihr das erste Mal zusammengearbeitet?
Stephan: Bei Beatfabrik war ich anfangs noch nicht aktiv involviert, das kam erst später, zur Beatfabrik-DVD. Es gab ja auch schon vorher deutschen Rap, den wir aber komplett scheiße fanden. Das habe ich Sebi schon früh eingebläut. Erst als mein Grundschulkumpel Sertan aka Kid Kobra angefangen hat zu rappen, hat mich das interessiert. Und als er und seine Kumpels dann auch noch all die anderen Scheiß-Rapper gedisst haben, fanden wir das natürlich noch cooler. 
Sebi: Henrik war von Anfang an involviert, er war sozusagen das Beat in Beatfabrik. Die DVD war auch der erste Anlass, dass wir zu dritt gearbeitet haben, ich kam da nämlich irgendwann als Schnittpraktikant dazu. Die DVD kam gut an, man muss sich mal in die Zeit zurückversetzen.
Henrik: Das war vor Youtube und Myspace.
Sebi: Damals wusste man nicht zwangsläufig, wie der Rapper aussieht, von dem man Tapes gekauft hat. Man hatte auch keine Ahnung, wie die so leben. Es gab ja auch Facebook und Twitter noch nicht. Und als die Beatfabrik-DVD rauskam, war es noch nicht so üblich, im Deutschrap DVDs zu machen. 
Henrik: Es gab vorher eigentlich nur die Kaisaschnitt-DVD. Wenig später kam dann die Idee für »Rap City«. Mein Kumpel Lars arbeitete damals für Mzee und hatte dort viel Berliner Rap auf den Plan gebracht, kam aber eigentlich aus Köln. Eines Abends, als er bei mir in Berlin zu Besuch war, kam bei ein paar Bier die Idee auf, dass man doch mal eine DVD machen müsste, mit der man die Berliner Szene in Gänze abbildet.
Stephan: Das war dieser Moment, als der ganze Deutschrap-Hype nach Savas und Aggro endlich in Berlin ankam. Es hatte vorher natürlich schon länger gebrodelt, aber die, die richtig Platten verkauft haben, die saßen in Hamburg oder Stuttgart – ­irgendwelche Studenten- und Spaßrapper. Wegen Savas lag der Fokus auf einmal in Berlin, plötzlich hat jeder gerappt, und die Stimmung war am Kochen. Das war um 2004.
Henrik: Die Idee kam allerdings schon früher, etwa 2003. 2005 erschien dann ja schon die DVD. 
Stephan: »Rap City Berlin« sollte eine Momentaufnahme sein.
Henrik: Die Berliner waren damals unter­einander alle zerstritten, obwohl sie sich persönlich überhaupt nicht kannten. Deshalb dachten wir, dass es sinnvoll wäre, wenn sich alle mal kennenlernen würden.
Sebi: Man kennt das ja zum Beispiel auch aus’m Graffiti: In Berlin ist das so, dass einer aus Kreuzberg, der nach Wedding fährt, schon aus Prinzip erstmal alle Writer dort scheiße findet. Eigentlich könnte man sich voll gut verstehen, aber weil man zwei Bezirke voneinander entfernt wohnt, will man den anderen erstmal ficken. 2004 produzierten wir dann die DVD, in dem Jahr, in dem Sido seinen Durchbruch hatte.
Henrik: Das Video zu »Mein Block« kam auch kurz vor der DVD raus.
Stephan: Ich weiß noch, dass es damals schon schwer war, einen Drehtermin mit Sido zu finden, weil es bei dem gerade richtig durch die Decke ging. Er saß bei uns auch ohne Maske vor der Kamera, weil Specter meinte, dass die Leute, für die diese DVD bestimmt war, also die Berliner Szene, eh wissen, wie Sido aussieht.
Henrik: Auf jeden Fall wollten wir genau diesen Leuten aus der Szene ein Gesicht geben und auch eine Interview-Stimme.
Sebi: Dadurch, dass viele von denen vorher noch nie vor der Kamera standen, sind bei der Produktion auch viele lustige Dinge passiert. Man hat auf jeden Fall schon damals gemerkt, wer von denen großes Potenzial hat. 

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Habt ihr den Rappern eigentlich vor den Drehterminen gesagt, dass sie sich überlegen sollen, wo und wie sie sich dargestellt haben wollen?
Stephan: Vielleicht muss man dazu erstmal sagen, dass es teilweise ein Kampf war, die Leute überhaupt dazu zu bekommen, mit einem zu sprechen. Da mussten wir schon viel Überzeugungsarbeit leisten, gerade weil die Szene so zerstritten war. »Wenn der drauf ist, dann will ich nicht« haben wir öfters gehört. Irgendwann hat das Ganze aber eine solche Eigendynamik entwickelt – alle haben darüber geredet –, dass aus dieser Antihaltung ein Ansporn wurde. Irgendwann war das Motto eher: »Wenn der drauf ist, dann muss ich auf jeden Fall auch drauf sein und noch einen draufsetzen.«
Henrik: Am Anfang dachten die Leute auch, das Ganze wäre eine Mzee-DVD, weil viele der Kontakte über Lars liefen. Das hat uns ganz gut in die Karten gespielt, weil wir im Bewusstsein der Rapper externe Leute aus Köln waren. Es wäre sicher schwieriger gewesen, wenn alle gedacht hätten: »Die Typen von Beatfabrik machen jetzt eine Berlin-Rap-DVD.«
Sebi: Mir hat aber wiederum jemand erzählt, dass Taktlo$$ auf der ersten DVD nicht dabei sein wollte, weil er dachte, die DVD sei von irgendwelchen Kölnern. Bei der zweiten wusste er dann wer wir sind, deshalb hatte er dann doch Bock. (grinst)

Waren eigentlich im Nachhinein Künstler unzufrieden damit, wie sie auf der DVD dargestellt sind?
Stephan: Eigentlich nicht, wir haben alle Beiträge vorher von den Künstlern ­abnehmen lassen. Und wir haben auch niemanden auflaufen lassen oder schlecht dargestellt. Zum Beispiel DeinEltan waren damals eigentlich nur ein ziemlich chaotischer Haufen, zu denen wir in den Wedding gefahren sind. Die hatten überhaupt keinen Plan, was sie machen ­wollen, also sind wir mit ihnen auf den Spielplatz, und dort haben sie angefangen zu freestylen. Im Nachhinein war das einer der Clips, mit der größten Resonanz. Sido hat auch mal gesagt, dass er wegen »Rap City« Fan von DeinEltan wurde.
Sebi: Oder die LD Crew. Bei denen standen wir auch im Wedding in irgendeiner Kifferbude, und die drei haben kein Wort rausbekommen. Aber als sie dann anfingen, zu G-Funk-Musik zu singen, wurde daraus ein ­Kultbeitrag. Jan Scholz, der viel für die erste DVD gemacht hat, hat mal erzählt, dass die LD Crew ­danach in Mitte total abgefeiert wurde. 

Wir wollten schließlich zeigen, dass Berlin zusammen­hält, wenn nötig.

Crews wie LD hatte man vorher ja auch kaum öffentlich wahrgenommen, oder?
Sebi: Ja, wir haben tatsächlich alleine aus Fairness-Gründen eigentlich jedem unsere Plattform angeboten.
Stephan: Die einzige Bedin­g­­­­­ung war, dass die Leute schon ein Release haben. Es gab natürlich Leute, die sich darüber geärgert haben, dass sie nicht drauf waren, aber wenn wir so gearbeitet hätten, wären wir wohl nie fertig geworden. Dennoch hatten wir den Anspruch, vom Kreuzberger Hinterhof-Keller-Studio bis zu den ­Großen wie Sido und Savas die gesamte Vielfalt des ­Berliner Rap abzubilden. Die Stadt stand damals hauptsächlich für Battle- und ­Gangsta-Rap, obwohl es mehr als genug Leute gab, die andere Sachen gemacht haben.
Henrik: Es gibt auch Leute, die seit der ersten »Rap City«-DVD sehr krasse Wandlungen durchgemacht haben, zum Beispiel Joe Rilla.

 
Was war der erste ­Beitrag, den ihr für die DVD ­gedreht habt?
Stephan: Einer der ersten, die fertig waren, war der Beitrag zu Shok Muzik. Der kam gut an bei den Leuten. 
Henrik: Die haben richtig auf den Putz gehauen.
Stephan: Die waren richtig hungrig. Wir waren bei deren Videodreh.

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War es das Video zum Aggro-Berlin-Diss »Was jetzt los«?
Stephan: Nein, aus Disses haben wir uns komplett rausgehalten. Das war eine unserer wenigen Bedingungen: Keine Disses, zumindest nicht gegen andere Berliner.
Sebi: Wir wollten schließlich zeigen, dass Berlin zusammen­hält, wenn nötig. Das ist die olle Kammelle von den Jams, die MC Bogy immer erzählt hat: Wenn die Berliner in West-Deutschland waren, dann war es egal, ob der eine aus Wedding und der andere aus Kreuzberg kommt – da haben alle zusammengehalten! Sobald man zurück in Berlin war, hat man sich aber nicht mal mehr die Hand gegeben. 
Stephan: In den Jahren nach der DVD ist die Szene ein gutes Stück zusammengewachsen.
Henrik: Die Leute haben sich kennengelernt und daraufhin viele Kollabos gestartet. Weil sie gemerkt haben, dass sie zum Beispiel die Weddinger eben doch cool finden. 

Es wäre sicher schwieriger gewesen, wenn alle gedacht hätten: »Die Typen von Beatfabrik machen jetzt eine Berlin-Rap-DVD.«

Heute existieren diese Bezirksgrenzen nicht mehr wirklich, oder?
Stephan: Nein, und ich bin schon überzeugt davon, dass »Rap City Berlin« seinen Teil dazu beigetragen hat. Dass zum Beispiel Frauenarzt mit der LD Crew Musik gemacht hat, kam eben dadurch, dass er ihren Beitrag auf unserer DVD gefeiert hat.
Sebi: Als wir die zweite DVD gemacht haben, hat Sido erzählt, dass die erste in seinem Tourbus auf Repeat lief und er jeden Beitrag mitsprechen kann.
Henrik: Teilweise gründen sogar ganze Karrieren auf einem »Rap City«-Beitrag, zum Beispiel Hammer & Zirkel, die vor ihrem »Ostlerhackfleischplatte«-Clip von der zweiten DVD keiner kannte.

Wann ist euch eigentlich bewusst geworden, dass »Rap City Berlin« nicht nur die HipHop-Szene porträtiert, sondern auch als soziologi­sche Studie über Berlin zu einem bestimmten Zeitpunkt herhalten kann?
Stephan: Wohl als die ersten Leute im Feuilleton über uns geschrieben haben. Von denen wurde auch meistens besonders hervorgehoben, dass wir das Ganze komplett unkommentiert abgebildet haben. Natürlich beeinflusst du durch den Schnitt die Wahrnehmung, aber am Ende des Tages haben wir allen die gleiche, faire Chance gegeben, und dabei sind natürlich teilweise sehr skurrile Sachen – insbesondere für Außenstehende – entstanden. Ein Tagesspiegel-Redakteur hat uns zum Beispiel mal erzählt, die ganzen Zugezogenen in seiner Redaktion würden sich nicht mehr auf die Straße trauen, weil sie unsere DVD gesehen haben. 

Gab es für euch beim Dreh Situationen, in denen selbst ihr euch unwohl gefühlt habt?
Sebi: Da wir in guter Absicht kamen, waren eigentlich alle korrekt zu uns. Über manche Leute dachten auch wir: Wie wird das wohl, die zu treffen? Probleme hatten wir trotzdem nie.
Stephan: Im Gegenteil. Eigentlich haben wir in erster Linie viele Leute kennengelernt, mit denen wir uns bis heute gut verstehen. Die Leute wussten ja von Anfang an, dass sie was davon haben, dass wir sie filmen.
Sebi: Ich hab in den Jahren nach der DVD auch zum Beispiel Atze Jope regelmäßig getroffen, und der war uns krass dankbar. Er hat immer gesagt: »Ihr habt gemacht, dass man mich jetzt im Hertha-Fanblock erkennt!«
Henrik: Selbst Deso Dogg, mit dem wir ­damals für beide DVDs zu tun hatten – der war damals noch in seiner Gangster-Zeit – war zu uns immer sehr nett und zuvorkommend.

 
Inwieweit wäre denn das, was ihr seit »Rap City Berlin« beruflich gemacht habt, ohne eure Kontakte aus dieser ­Produktion überhaupt möglich gewesen?
Henrik: Diese Kontakte haben sicherlich sehr vieles begünstigt. Man hatte eben immer die Möglichkeit, »Rap City Berlin« als Referenz zu nennen. Das kennt in der HipHop-Szene jeder.
Sebi: Stephan ist kurz nach der zweiten DVD Manager von Die Atzen geworden, das kam, weil die mit uns voll das gute Gefühl hatten. Und das, was ich jetzt als Teil von EASYdoesit mache, beruht natürlich auch zu großen Teilen auf den Dingen, die ich damals durch Henrik und Stephan gelernt habe.

Sebi, du bist noch zur Schule gegangen, als du angefangen hast, an »Rap City Berlin« mitzuarbeiten, oder?
Sebi: Ja, ich bin immer nach der Schule zu Henrik gefahren und habe dort bis abends geschnitten. 
Stephan: Nee, du bist immer als erstes für zwei Stunden mit der JUICE aufs Klo gerannt. (alle lachen)
Henrik: Das war schon eine sehr intensive Zeit. Ich hab damals am S-Bahnhof Schöneberg in einer 40qm-Wohnung gelebt, und mein Wohnzimmer war komplett zu einem Büro mit zeitweise fünf Arbeitsplätzen umgebaut. Und die ganzen Rapper sind auch zur Abnahme in meine Bude gekommen und haben immer ihre komplette Crew mitgebracht.

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Was habt ihr mit dem Geld gemacht, das ihr mit der ersten DVD verdient habt?
Sebi: Ihr habt euch doch für No Peanuts und die zweite DVD ein »richtiges« Büro besorgt, oder?
Stephan: Genau, Prinz Pi hat damals ja auch als Grafiker gearbeitet und hat auch für uns das Artwork gemacht. Henrik kannte ihn eh lange, und aus dieser Verbindung ist dann No Peanuts gewachsen. Dafür war »Rap City Berlin« auf jeden Fall der Startschuss.

Wer war außer euch noch entscheidend an »Rap City Berlin« beteiligt?
Henrik: Auf jeden Fall Jan Scholz, der d­anach mit der Videoproduktionsfirma »­Mutter & Vater« sehr viele Musikvideos gemacht hat. Er war bei der ersten dabei, bei der zweiten war es vor allem Jakob ­Erlenmeyer, der auch viel gefilmt und ­geschnitten hat.

Es war schon interessant, Monika Griefahn zuzusehen, wie sie sich in ihren Aussagen immer weiter verzettelt hat.

Wie hat sich die Berliner Szene in der Zeit zwischen der ersten und der ­zweiten DVD professionalisiert?
Henrik: Da hat sich auf jeden Fall was getan. Es gab plötzlich Youtube, und dadurch hatten die Künstler neue Möglichkeiten, sich darzustellen. Die erste DVD ist am Ende auch auf jeden Fall viel unbefangener entstanden. Zur zweiten »Rap City« hatten viele Rapper sich bereits eine eigene Plattform geschaffen.
Sebi: Und sie wussten, was sie erwartet. 
Henrik: In der Zwischenzeit hatten die Leute auch Interview-Erfahrung gesammelt.
Sebi: Die zweite DVD ist am Ende des Tages professioneller produziert, die erste ist aber charmanter. Auf der ersten sind echte Kultsachen drauf, auf der zweiten eher Clips, in denen versucht wurde, einen Kultbeitrag zu inszenieren. 
Henrik: In der Zeit, in der die zweite DVD erschien, war im Deutschrap auch gerade die Zeit der großen Depression. Die Downloads waren ganz oben und die Verkäufe im Keller. 
Sebi: Es war auch eine relativ unspannende Phase im Deutschrap. 2008, 2009 gab es nach dem Aggro-Hype unglaublich viele Gangsta-Rapper, …
Stephan: …von denen viele auf der »Rap City« ihre 15 Minutes of Fame hatten. Auf der zweiten DVD gab es durch die große Menge an Material aber auch viel mehr ­Hintergrundinfos, zum Beispiel der Beitrag über Indizierungen, für den wir damals auch mit Monika Griefahn von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sprachen. Es war schon interessant, ihr zuzusehen, wie sie sich in ihren Aussagen immer weiter verzettelt hat. 

 
Auf der zweiten DVD wurde der Fokus auch stärker auf die Entwicklung von Berlin gelegt, das sich damals immer schneller entwickelte und unumkehrbaren Aufwertungsprozessen unterlag.
Stephan: Tatsächlich hatten die Rapper bereits auf der ersten DVD gegen Gentrifizierung gepöbelt, auch wenn das Problem einige Jahre später größer wurde und heute sicherlich eine noch größere Rolle spielen würde.

Habt ihr mal darüber nachgedacht, einen dritten Teil von »Rap City Berlin« zu machen?
Stephan: Wir sind leider mittlerweile alle zu sehr in eigene Projekte eingespannt.
Sebi: Natürlich haben wir eine Zeit lang überlegt, wie wir diesen Ansatz weiterspinnen können, deshalb hat Henrik auch die Graffiti-Doku »Unlike U« gemacht.
Henrik: »Unlike U« war mal als eine Art »Spray City Berlin« angedacht, entwickelte sich aber sehr schnell in eine ganz andere Richtung. 

Habt ihr eine Idee davon, wie eine »Rap City«-DVD heute aussehen müsste?
Henrik: Ich habe sogar ein Konzept dafür im Schrank, aber das wäre keine dokumentarische Arbeit, sondern ein fiktionales Ding, über das ich noch nicht mehr erzählen kann. Momentan sind wir ohnehin alle in andere Projekte eingespannt. ◘

Dieses Interview ist erschienen in JUICE #167 (hier versandkostenfrei nachbestellen).
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